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Kämpfe am Golan

Wie bereits seit Wochen an der türkischen Grenze betrieben, versuchen die islamistischen Aufständischen offensichtlich nun auch Israel in den Konflikt zu involvieren. Auch dort verschanzen sich die Aufständischen in den Grenzdörfern und provozieren den Konflikt direkt an der Grenze. Ohne jeden Zweifel wird von den Aufständischen eine Vorgehensweise, der sich verbreitenden Eskalation bezweckt. Der Westen hat augenscheinlich kaum Einfluß auf die Aufständischen, welche mit ihrem Terror gezielt gegen zivile Einrichtungen vorgehen. Wir dokumentieren einen Bericht der Korrespondin Karin Leukefeld.

Syrien: Aufständische verschanzen sich an der Grenze zu Israel. Bombenanschlag auf Gewerkschaftszentrale
 
Von Karin Leukefeld, Damaskus * 

Bei einer schweren Explosion im Zentrum der syrischen Hauptstadt Damaskus sind am Sonntag vormittag elf Personen verletzt worden. Der 50 Kilogramm schwere Sprengsatz war offenbar in einem Fahrzeug versteckt und in unmittelbarer Nähe der Zentrale der Föderation der syrischen Handelsgewerkschaften gezündet worden. Gewerkschaftsführer Mohammad Asus sagte der Nachrichtenagentur AP, mindestens zwölf Mitglieder seiner Organisation seien durch umherfliegende Glassplitter verletzt worden. Ein oppositioneller »Aktivist« erklärte in einem arabischen Fernsehsender, der Anschlag habe der Armee gegolten. Die habe dort nach der teilweisen Zerstörung des Hauptquartiers der Streitkräfte bei einem Angriffe Anfang Oktober übergangsweise eine Koordinationsstelle eingerichtet. Beweise für die Behauptung lieferte der Sprecher nicht. Der Sonntag ist in arabischen Ländern Wochenbeginn, Büros und Straßen sind dicht mit Menschen gefüllt. Unklar ist, wie der Sprengstoff das Zentrum der Stadt erreichen konnte, obwohl die Zugangskontrollen nach Damaskus und innerhalb der Stadt in den vergangenen Tagen erneut verschärft wurden. 

Unterdessen hielten auch am Sonntag die Kämpfe in Aleppo und Marat Al-Numan an. Die syrische Luftwaffe flog am frühen Morgen weitere Angriffe gegen Stellungen von bewaffneten Gruppen im Umland der Hauptstadt. Die schweren Detonationen ließen Türen und Fenster in der Innenstadt wackeln. Die Aufständischen operieren aus Wohngebieten heraus, die dort bislang lebenden Zivilisten sind zum größten Teil geflohen. 

Am Wochenende wurde bekannt, daß eine entführte Kommandeurin der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) von ihren Kidnappern gefoltert und ermordet worden ist. Narjin Derik war bereits am 26. Oktober verschleppt worden, als sie die Übergabe getöteter Kämpfer an eine Gruppe bewaffneter Aufständischer leitete. Bei Auseinandersetzungen zwischen der Salahaddin-Brigade und den kurdischen YPG-Einheiten in Aschrafiye, einem vorwiegend von Kurden bewohnten Viertel in Aleppo, waren vor einer Woche mehr als 30 Personen getötet worden. 

Israel hat sich am Wochenende bei den UN-Friedenstruppen für den Golan, UNDOF, darüber beschwert, daß drei syrische Panzer in die entmilitarisierte Zone auf dem Golan gefahren seien. Die Art der Beschwerde machte allerdings klar, daß Tel Aviv das Vorrücken der Panzer in das etwa 80 km lange und zwischen 500 Metern und zehn Kilometern breite Gebiet nicht als gegen sich gerichtet ansieht. Von syrischer Seite gab es zunächst keine offizielle Bestätigung des Vorfalls. Bewohner des betroffenen Gebietes bestätigten jedoch, daß drei Panzer vorgerückt seien und Stellungen der bewaffneten Gruppen beschossen hätten, die diese hinter den Ortschaften nahe der Grenzlinie zu Israel errichtet hätten. 

Bereits Mitte vergangener Woche hatten dort lebende Einwohner berichtet, daß Aufständische bei ihnen eingedrungen seien und die Bevölkerung bedroht hätten. Die Kämpfer hatten offenbar das unübersichtliche Waldgebiet entlang der Grenze zu dem von Israel besetzten Golan als Deckung genutzt, um in die Dörfer vorzurücken. Aufgrund der internationalen Vereinbarung aus dem Jahr 1974 ist die Zahl syrischer Streitkräfte in dem Gebiet begrenzt. Die Bevölkerung von Beerajam, Bariqa und Qahtaniye ihrerseits ist nicht dafür bekannt, Anhänger der Opposition zu sein. Die Einwohner sind von Israel aus dem Golan Vertriebene, viele von ihnen Tscherkessen, die sich aus dem Konflikt in Syrien heraushalten. Wegen der schönen Landschaft gilt die Region als Erholungsgebiet, ältere Leute verbringen dort wegen der Ruhe und des guten Klimas gern ihren Altersruhestand. Die Orte waren nach der Besetzung des Golan neu erbaut und mit Bunkern versehen worden. In den letzten Wochen hatten sich auch viele Familien aus dem Damaszener Vorort Qutsaiya dort vor den Kämpfen in Sicherheit gebracht. 

* Aus: junge Welt, Montag, 05. November 2012 
 
Mehr Informationen zu Syrien und anderen Regionen:
http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/

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