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NRW Kommunalwahl: Es droht eine Nullrunde, gebraucht wird Fortschritt
NRW – Zwischen Zerfall und kollektiver Erneuerung
Politische Lage in NRW – Zwischen Sehnsucht nach Ordnung und der Notwendigkeit eines Neustarts
Es gärt gewaltig in den Städten Nordrhein-Westfalens. Einige Orte bilden Ausnahmen – Inseln der Stabilität, die nicht von neoliberaler Zerstörung entstellt wurden. Sie verfügen über robuste öffentliche und genossenschaftliche Strukturen, in denen klare Mehrheiten, Handlungsfähigkeit und Verantwortung sichtbar und wirksam sind.
In Köln, der größten Stadt des Landes, hat eine grün-schwarze Koalition – unterstützt von Volt – über ein Jahrzehnt hinweg Bundespolitik einfach durchgewunken. Typisch für eine Verwaltung, die das, was von oben kommt, nach unten umsetzt, ohne eigene Impulse zu setzen. Hauptsache, man steht nach oben gut da. Köln verdient mehr.
Es ist offensichtlich: Die Grünen sind weder im Bund, noch im Land, noch in der Kommune eine tragfähige Regierungspartei. Als Opposition mit 5–10 Prozent gegen eine Regierung, die ausschließlich Industrieinteressen vertritt, mögen sie Sinn machen. Doch es gibt ernsthafte Umweltparteien – und die Klimadebatte wird selbst auf wissenschaftlicher Ebene oft unseriös geführt.
Die politische Polarisierung zwischen AfD und Grünen hat unsere Debatten erstickt. Beide Lager betreiben Politik als Geschäft – ideologisch aufgeladen, quasireligiös, ohne Raum für differenzierte Analyse. Die Grünen wirken zunehmend angloamerikanisch geprägt, ihr Führungspersonal zieht sich im Ruhestand in die USA zurück, ihre kulturelle Referenz ist die Popkultur. Die AfD hingegen profitiert von der Unzufriedenheit mit der statischen, neoliberalen Politik der alten BRD-Parteien. Sie betreibt ein Nostalgiegeschäft, ohne sich klar zur BRD oder DDR zu bekennen, und gewinnt Arbeiter und Arbeiterinnen, Handwerker mit Antielitenrhetorik – einst eine Kernkompetenz der politischen Linken. Alleine dies zeigt das in unserem Lande vieles auf den Kopf gestellt wurde.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und viele kleine Listen wie die Kölner Stadtgesellschaft treten hier hervor: Sie streben keinen Sozialismus im klassischen Sinne an, sondern verteidigen die Idee der sozialen Marktwirtschaft gegen den destruktiven Neoliberalismus des Finanzkapitals.
Wir befinden uns in einer Phase, in der keine politische Kraft glaubhaft für folgende Grundpfeiler eintritt:
- Sozialismus als Fundament von Humanität, Demokratie, Gleichheit und Gerechtigkeit
- Eine gemeinsame, fortschrittliche Kultur jenseits von Konsum und Identitätsmarketing
Heute gelten Politiker als „Macher“, wenn sie Selbstverständlichkeiten einfordern – öffentliche Ordnung, Sauberkeit, Bekämpfung von Kriminalität und Verwahrlosung. Das zeigt: Wir sind eine Gesellschaft im Rückzugskampf. Seit 1982 verfolgt Deutschland – wie der gesamte Westen – die Politik der herrschenden Klasse. Es geht nicht mehr um Ausgleich oder Wahrheit, sondern um die systematische Schwächung des öffentlichen und solidarischen Sektors, während die Finanzwirtschaft und ihre propagandistischen Zwischenschichten florieren.
Dieses System wird kein gutes Ende nehmen. Es wird notwendig kollabieren. Die entscheidende Frage ist: Was kommt danach? Diese Frage wird nicht bei einer Kommunalwahl entschieden – aber sie beginnt dort. Es hat sich gezeigt: Was gut für das Kapital ist, ist nicht zwangsläufig gut für die Gesellschaft. Es ist Zeit für einen Neustart – nicht mit Grünen, nicht mit AfD, denn beide sind ungeeignet für echte Macherprojekte.
Die soziale Spaltung – Zahlen, Realität, Verantwortung
Die Deregulierung der Arbeitswelt hat gezielt die Werktätigen getroffen: Tarifbindung sinkt, Leiharbeit und Werkverträge ersetzen stabile Beschäftigung, die Rentenansprüche schrumpfen. Gleichzeitig bleiben andere Schichten verschont – Beamte, Akademiker, Kapitalbesitzer. Sie sonnen sich im Schutz der Regulation, während unten die Sicherheit verdunstet.
- Mindestlohn 2025: 12,82 €/h → 2.161 € brutto/Monat
- Medianverdienst NRW: 3.937 € brutto/Monat
- Beamte A15/B10: bis zu 15.146 € brutto/Monat
Das ist keine soziale Balance – das ist eine systematische Umverteilung von unten nach oben.
Unsichtbare Prekarität: Ich-AGs und Altersarmut
Die „Ich-AGs“ der 2000er Jahre haben tausende Menschen – oft Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose, Frauen – in prekäre Selbstständigkeit gedrängt. Ohne Absicherung, ohne Rentenansprüche, ohne politische Vertretung. Heute leben viele von ihnen unter dem Radar – bedroht von Altersarmut, vergessen von der Statistik.
Akademisierung und der Wasserkopf im öffentlichen Dienst
Die Mehrheit der Hochschulabsolventen strebt in den öffentlichen Dienst – nicht aus Berufung, sondern aus Sicherheitsinteresse. Dort wächst ein riesiger, oft unproduktiver Wasserkopf, der sich selbst verwaltet, aber kaum gestaltet. Während unten flexibilisiert wird, wird oben stabilisiert. Das ist keine Reform – das ist ein Klassen- und Schichtenprojekt.
Der ländliche Raum – tragend, aber vernachlässigt
NRW ist nicht nur urban. Das Münsterland, die Eifel, das Sauerland, der Niederrhein – sie tragen Versorgung, Fläche, Kultur. Doch auch hier: Höfesterben, Infrastrukturverfall, politische Entfremdung. Die Landbevölkerung wird nicht angesprochen, sondern übergangen. Dabei zeigt sich gerade hier: Gemeinschaftliche und genossenschaftliche Lösungen sind der Ausweg.
Warum gerade das Land genossenschaftliche Antworten braucht
- Höfesterben und Landflucht: Genossenschaften können Boden sichern, Produktion bündeln und lokale Märkte stärken.
- Infrastrukturverfall: Bürgerbusse, Gesundheitsgenossenschaften, solidarische Nahversorgung – kollektive Selbsthilfe statt Rückzug.
- Kulturelle Entwertung: Ländliche Lebensformen sind oft nachhaltiger und sozialer als urbane Modelle.
- Politische Entfremdung: Wer nicht angesprochen wird, muss sich selbst organisieren – wenn die Strukturen dafür da sind.
Neue Ständekultur und ethnisierte Armut
Immer mehr Menschen arbeiten für andere – privat, informell, oft unterbezahlt. Sie liefern Essen, reinigen Wohnungen, betreuen Kinder. Was früher selbst erledigt wurde, wird heute delegiert. Das ist keine moderne Dienstleistungskultur – das ist eine neue Ständegesellschaft. Und sie ist alles andere als egalitär.
Gemeint ist nicht die sinnvolle Senioren- und Alltagshilfe, die das Leben in den eigenen vier Wänden ermöglicht. Gemeint ist das Ausruhen auf Kosten anderer – Ausdruck einer sozialen und finanziellen Schräglage, die sich vertieft. Die einen sitzen nicht nur im Trockenen, sondern lassen andere für sich arbeiten, während die anderen kaum über die Runden kommen. Es entsteht eine ethnisierte Armut, eine neue Form der sozialen Hierarchie – still, aber wirksam.
Kollektive Gegenmodelle – Stadt und Land gemeinsam
Ob Bürgerbusse, Gesundheitsgenossenschaften, solidarische Nahversorgung oder kommunale Wohnprojekte – kollektive Selbsthilfe ist kein Relikt, sondern eine moderne Antwort auf neoliberalen Rückbau. Und sie braucht Sprache, die verbindet:
Arbeiterinnen und Arbeiter. Kolleginnen und Kollegen. Bäuerinnen und Bauern. Werktätige.
Schlussakkord: NRW braucht einen Neustart
Wählt ausschließlich Kandidaten, die wirklich eure Interessen vertreten – nicht als Lobbyisten, sondern als Gestalter. Wählt nicht aus Trotz gegen Eliten (AfD – der Witz des Jahrhunderts), und nicht aus romantischer Naturverbundenheit (Grün – das passt nicht mehr zusammen). Wählt für Klarheit, für Handlungsfähigkeit, für soziale Ehrlichkeit.
NRWler, Werktätige, vereinigt euch. Nicht in Symbolpolitik, sondern in gemeinsamer Verantwortung. Nicht in Lagerdenken, sondern in sozialer Ehrlichkeit. Nicht in Verwaltung, sondern in Gestaltung.
NRW wählt – aber wer gestaltet? Die Stunde der Werktätigen Es werden an vielen Orten von der Politik keinerlei Lösungen und Fortschritt mehr erwartbar sein... nun ist kollegiale, Nachbarschafts und Ortshilfe mehr den je gefragt. Organisiert euch und organisiert Selbsthilfe, die Kommunen sollen dann zumindest Hilfe zur Selbsthilfe geben. Das ist kein Rückzugsgefecht sondern der Anfang von etwas Neuem.
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